Die Gärten machen gemeinsame Interaktionen einfacher und etablieren einen Dialog mit einer internationalen Gemeinschaft. Die Mitglieder in Göttingen haben zehn Prinzipien:
1. Erfahrungen sammeln,lernen und wachsen in Gemeinschaft
2. Bewusste Diversität
3. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen unterstützen
4. Partizipation unterstützt Individuen und die Gemeinschaft
5. Praktische Hilfe anbieten
6. Respektvolle Beziehungen führen
7. Teilen und beitragen
8. Krisenmanagement
9. Brücken bauen zwischen Einheimischen, Geflüchteten und Migrant*innen
10. Ein ganzheitlicher Ansatz: Eine Vorbildfunktion haben
Die Internationalen äarten Göttingen sind im Austausch mit anderen interkulturellen Gärtnergruppen, der Netzwerkorganisation ‚anstiftung‘, lokalen und nationalen gemeinnützigen Organisationen in Deutschland. Da dies der erste internationale Garten in Deutschland war, dient dieses Projekt als Vorbild und Inspiration für andere Projekte. Das Projekt ist immer wieder Teil von Forschungsprojekten und in den Medien vertreten.
Die Gartenprojekte bieten mehrere Möglichkeiten zum Lernen an: gärtnerisches und umweltbezogenes Wissen, Bauen und Herstellen, Sprachkurse und interkulturellen Austausch. Mitglieder und der Vorsitzende des Vereins heben deutlich hervor, dass im Projekt sowohl im Verein, als auch im Garten, jeder Mensch gleichwertig ist. Sie empfinden es als notwendig Lehrer*in und Lernende*r zur gleichen Zeit zu sein, da jede Person bestimmte Fähigkeiten und Ressourcen mit sich bringt. Weiterhin betonen sie die Wichtigkeit des kulturellen Austauschs und der Würde. Die Bedeutung der Sprache ist ambivalent. Auf der einen Seite ist Sprachkompetenz essentiell für soziale Integration, aber in der ‚Gartensprache‘ ist dies kein Hindernis. Mitglieder kommunizieren mit Hilfe von Gesten, Händen und Füßen und manche Menschen fungieren als Übersetzerinnen und Übersetzer. Gartenarbeit ist eine gemeinsame Sprache unter allen Menschen.
Nähe, Vertrauen, Kommunikation, Gemeinschaft und schnelle zwischenmenschliche Hilfe sind wichtig im Garten. Menschen helfen sich gegenseitig während der Gartenaktivitäten, unterstützen sich aber auch gegenseitig in persönlich belastenden Situationen, wie zum Beispiel dem Verlust eines Familienmitglieds, Probleme mit Kindern oder andere schwierigen Lebenssituationen. Zusätzlich wird der Garten als ein Ort für Erholung und Therapie angesehen und auch als Rückzugsort von den Umständen in den temporären Flüchtlingsunterkünften (beengte Bedingungen, wenig Privatsphäre). Dies war und ist von großer Bedeutung in der grundsätzlichen Organisation des Gartens, sowie auch für den Willkommengarten. In vielen Fällen haben Menschen mit Traumata und Heimweh zu kämpfen.
Neben allen positiven Erfahrungen und Vorteilen, stehen die Mitglieder des Vereins einigen Herausforderungen gegenüber, zum Beispiel mit der deutschen Bürokratie und Verwaltungsmechanismen umgehen zu können. Zusätzlich auch noch offen zu sein gegenüber anderen Menschen und die Diversität zu respektieren, ist dann in der Realität nicht immer einfach. Entscheidungen in der Gruppe können sehr zeitintensiv und zermürbend sein. Trotzdem sind sie essentiell für ihre Arbeit.
Im Allgemeinen formen die Arbeitsprinzipien die Interaktion, deswegen werden zwischenmenschliche Probleme und wie Dinge angegangen werden, nicht als Hindernisse angesehen. Gärtner*innen und Vorstandsmitglieder haben eine gesunde und proaktive Einstellung gegenüber Herausforderungen und Veränderung. Sie nehmen zur Kenntnis, dass wenn sich die Menschen ändern, sich auch das Projekt und die Aktivitäten an die Bedürfnisse der Menschen anpassen.
Eine Gärtnerin (ehemalige Geflüchtete, momentan Beraterin für interkulturelle Gartenprojekte) sieht ihr Projekt als erfolgreich an, da ihre Herangehensweise sich zuerst national und dann international ausgedehnt hat. Als Schlüssel zum Erfolg stellt sie heraus: „Wie ich schon gesagt habe, Geduld und Interesse. Ich kenne einige Projekte, die nach eine Woche aufgegeben haben, weil sie keine Geduld hatten. Sie dachten: heute treffen sie die Gruppe, sie planen alles und die Gruppe macht dann alles. Das wird nicht erfolgreich sein. Es muss jede Person von Anfang an mit einbezogen werden. Man muss sich andere Meinungen anhören, auch wenn man diese Meinung nicht teilt. Wir müssen die Gründe dafür erklären, warum uns das nicht passt, wir haben das Geld nicht und wir müssen warten, weil uns das wichtiger ist, was ist deine Meinung? Planen und Mitbestimmung, das ist sehr wichtig.“
Im Reflektionsprozess erläutert der Gartenkoordinator, dass die Stärke der Gruppe vom Inneren der Gruppe selbst kommt. Dies bildet sich sowohl im persönlichen Leben als auch in der Arbeit im Garten ab. Menschen mögen sich durch die Arbeit über Jahre hinweg verändern, aber die Gemeinschaft bleibt erhalten. Ein Beispiel für diese Nähe und Stärke: wenn ehemalige oder aktuelle Mitglieder sterben, dann bekommen die Hinterbliebenen soziale und emotionale Unterstützung von den Mitgliedern des Vereins.
Wegen ihrer zwanzigjährigen Erfahrung und ihrem persönlichen Hintergrund mit Geflüchteten, waren sich die Mitgliederder Internationalen Gärten Göttingen der verschiedenen Bedürfnisse der in 2015 ankommenden Geflüchteten bewusst. Dementsprechend konnten sie entsprechend auf diese Bedürfnisse reagieren.
Die Koordinator*innen erklärten, dass ein Projekt mit mehreren Gärten wie in Göttingen nur mit der Zeit wachsen kann. Das Wachstum findet aus der Gruppe heraus statt. Die Menschen in Göttingen haben eine hierarchische Führung, welche in interkulturellen Gärten nicht hilfreich ist.